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5 Trends, die den Stahlbau verändern

Digitalisierung: 5 Trends, die den Stahlbau verändern

Die Digitalisierung der Baubranche ist längst im Gange. Auch der Stahlbau muss sich veränderten Anforderungen stellen. Mit seiner langen digitalen Vorgeschichte hat er großes Potential, den Wandel mit zu gestalten. Wir greifen aus der Vielzahl der Möglichkeiten fünf Trends heraus, welche die Digitalisierung der Branche formen und die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Stahlbaus beeinflussen werden.

1. Ein klares Bekenntnis zu offenen Datenformaten

Tekla Structures BIM-ModellDer Stahlbau ist mit seiner integrierten Planung ein BIM-Pionier (Building Information Modeling). Modellbasierte Planungslösungen kommen seit über 30 Jahren zum Einsatz. Dennoch werden auch heute häufig geschlossene, herstellerspezifische Datenaustauschformate, wie DXF, DWG oder DGN verwendet, die ausschließlich Geometrien übergeben.  Eine BIM-basierte Planung und Projektkoordination benötigt mehr Informationen.

Ein klares Bekenntnis zu offenen Standards und einem offenen Datenaustausch (Open BIM)  ist daher eine der wichtigsten Voraussetzungen. Es gilt die stahlbauspezifischen Datenstandards konsequent weiterzudenken und projektübergreifende Formate aufzubauen. Unabhängige Formate wie IFC (Industry Foundation Classes) des buildingSMART ermöglichen einen Austausch von Daten zwischen verschiedenen proprietären Software-Anwendungen. Das offene und neutrale Datenschema ermöglicht einen Planungs- und Bauprozess, in dem alle Partner die für ihr Gewerk optimale Lösung einsetzen und die Planungsdaten für alle Beteiligte les- und interpretierbar übergeben können. 

2.  Durchgehende Automatisierung

Automatisierte Fertigung bei Unger SteelDas große Potential von BIM steckt in der Qualität der Daten und der Anbindung zur Fertigung. Der Stahlbau geht hier mit gutem Beispiel voran. Zahlreiche Unternehmen nutzen schon heute Daten aus 3D-Modellen, um Fertigung, Logistik und Montage durch Automatisierung zu optimieren. Sie verwenden NC-Daten und weitere Informationen direkt aus dem Stahlbaumodell, automatisieren die Fertigung und verfolgen alle Bauteile über den gesamten Prozess - bis zur Baustelle. Nach Einschätzung des Branchenverbands bauforumstahl wird das vollautomatische Heften und Verschweißen von Anbauteilen in der nahen Zukunft der Schwerpunkt für Innovationen sein. Der trägerorientierte Stahlbau wird seine Präzision und Fertigungsgeschwindigkeit so weiter steigern und Freiräume schaffen, um neue, architektonisch anspruchsvolle Konstruktionen wirtschaftlich realisieren zu können. 

3. Flexibles und dezentrales Arbeiten

Moderne Bauprojekte bringen eine Vielzahl an Akteuren zusammen. In Zeiten des Fachkräftemangels sitzen personelle Ressourcen zugleich nicht immer dort, wo sie gerade benötigt werden. Dies erfordert neue Konzepte, dezentral und flexibel in Teams zusammenzuarbeiten und die Arbeitsbelastung je nach aktuellen Ressourcen und Anforderungen optimal aufzuteilen. Schon heute gibt die Technologie es her, dass ein Team ort- und zeitunabhängig an einem BIM-Modell arbeitet, online oder offline. Auch in Deutschland wird der Stahlbau von diesen Arbeitsweisen profitieren. Im internationalen Vergleich besteht er aus recht kleinen Einheiten. Durch  Technologien für dezentrales Arbeiten bietet sich insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen die Möglichkeit, Cluster mit Partnerbüros zu bilden und Großaufträge in Arbeitsgemeinschaften abzuwickeln. So bleibt der deutsche Stahlbau international wettbewerbsfähig, auch bei steigender Preissensibilität.

4.  Der Stahlbau geht in die Cloud

BIM und dezentrale Arbeitsmodelle erfordern neue Möglichkeiten, von unterschiedlichen Standorten auf Daten zuzugreifen, diese zu verwalten und teilen. Cloud-basiertes Arbeiten ermöglicht effizientere betriebliche Prozesse und die Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle. Der Stahlbauer oder Planer profitiert davon, wenn er die Details seiner ausführungsreifen Planung auch für seinen Kunden verständlich machen und dadurch kostspielige und oftmals strittige Änderungen vermeiden kann. Der Bauherr kann den Fortschritt in Echtzeit verfolgen und sehen, wie Änderungen bereits vor Baubeginn transparent und effizient verwaltet werden. In komplexen Projekten mit vielen Beteiligten Partnern, unterstützt der systematische Einsatz von Cloud-Lösungen so den Projekterfolg und kann die Projektkosten senken.

5. Der Stahlbauer als BIM-Manager?

BIM-basierte Planung erfordert ein neues Maß an Koordination. Prozesse und Verantwortlichkeiten müssen dabei klar geregelt werden. An dieser Stelle entstehen neue Aufgabenfelder wie das des BIM-Managers. Diese wichtige Rolle übernimmt der Stahlbauer teilweise schon heute - in der Regel ohne Vergütung. Durch seine zentrale Rolle in einem Bauprojekt verfügt er über Anbindungen und koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Gewerken, die mit dem Stahlbau interagieren.  Im Rahmen der Einführung von BIM bietet sich ihm die Chance, diese Rolle auszubauen und gewinnbringend einzusetzen.

In den einschlägigen Runden wird häufig diskutiert, wo das BIM-Management zu finden sein wird: Bei den Architekten? Bei den Bauunternehmen? Dieser Kuchen scheint noch nicht verteilt zu sein, viele Planer und Unternehmen bieten diese Leistung zusätzlich an. Warum nicht auch das planende Stahlbau- Ingenieurbüro oder der fertigende Betrieb, der jetzt schon nahezu alles aus einer Hand liefert? Statt sich über Nachträge mit den Bauherren zu streiten, könnte man diese Ressourcen in das BIM-Management verlagern. Es gewinnt der an Einfluss, der mit Modellinformationen umzugehen weiß und über die entsprechende BIM-Expertise verfügt. 

Die Originalversion des Artikels erschien erstmals in ungekürzter Länge in der Zeitschrift Stahlbau (2/2018) unter dem Titel "Stahlbau 4.0 – fünf Trends für eine Industrie im Wandel".